Nach 2 Jahren erzwungener Corona-Pause konnte die Chorreise des Liederkranzes Enzweihingen nach Wales endlich in die Tat umgesetzt werden.
Gleich nach der Landung in Manchester war eine dreistündige Stadtführung zu Fuß organisiert worden. Mit dem exklusiv für den Liederkranz gemieteten Bus ging es dann weiter nach Barmouth in Wales. Das Hotel Min-y-Mor direkt am Meer war überaus gästefreundlich und sehr romantisch zwischen Dünen und See gelegen. Zudem waren die Speisen vorzüglich.
Gleich am nächsten Tag fuhr der Bus am Gebirgspanorama des Cader Idris vorbei und hinein in das sagenumwobene Tal-y-Llyn mit seinen Wasserfällen und dem idyllisch gelegenen Bergsee. Hier wartete eine komplett restaurierte Schmalspurbahn mit liebevoll gestrichener Dampflok und sehr freundlichem Wartungspersonal zur Mitnahme an den Küstenort Tywyn. Die anschließende Busfahrt zur ehrwürdigen Universitätsstadt Aberystwyth mit Pier und Seepromenade gehört überhaupt zum Besichtigungsprogramm für Wales-Reisende. Auch hier fährt eine Schmalspurbahn zur „Devil´s Bridge“ in Midwales, Schauplatz eines Krimis mit Inspektor Matthias.
Der einzige Regentag schloss sich am folgenden Sonntag an, als die Ausflüge in die Schieferbrüche von Llanberis, zum Schloss Caernarvon und in das Hochgebirgsmassiv des Snowdon in Angriff genommen werden sollten. Dank des Regens kam der Chor dann etwas früher zurück nach Barmouth. Unter der Leitung von Harald Gaßner konnte das aus Enzweihingen mitgebrachte Liedgut in der wunderschön farbig ausgemalten St.John´s Church Hall noch einmal gründlich eingeprobt werden. Mit Taxis ging es nach gutem Abendessen im Hotel am Meer zum Männerchor von Ardudwy, der walisischen „Riviera“, nach Llanbedr. Hier konnte die Leidenschaft der Waliser zum Gesang, und ihr inneres Aufgehen in ihren Liedern, begeisternd wahrgenommen werden. Nicht umsonst wird Wales als „das Land des Gesangs“, „Gwlad y gan“, bezeichnet. Auf Wunsch des dortigen Dirigenten, der bei einem walisischen Sängerwettstreit einmal den berühmten Bassisten Bryn Terfel auf den zweiten Platz verwiesen hatte, setzte der Liederkranz Enzweihingen den choralen Schlusspunkt. Der ergreifendste Augenblick der Reise war, als nach den ersten Klavierklängen der walisischen Nationalhymne, gespielt von Harald Gaßner, alle vierzig einheimischen Sänger aufstanden, um zusammen mit dem Liederkranz das alte keltische Lied, das auch in Cornwall und der Bretagne als Hymne gilt, in kymrischer Originalsprache zu singen. Die Klangfülle, die Leidenschaft und die Selbstvergessenheit beim Singen waren in diesen gemeinschaftlichen Augenblicken überwältigend.
Anschließend im Pub nahm man freudig zur Kenntnis, dass der Chor von Llanbedr im Oktober 2023 in der Partnergemeinde Huchenfeld auftreten wird, und die beiden Chöre dann noch einmal gemeinsam singen wollen. Die Partnerschaft mit Huchenfeld wurde von einem britischen ehemaligen Bomberpiloten im zweiten Weltkrieg initiiert, dem der Frieden und die Versöhnung immer wichtiger geworden waren. Wenn Sänger verschiedener Nationen bei einem Guiness oder Tartan´s Bitter zusammen[F1] sind, entsteht ein Abend voller Freunde. Spontan wurden Lieder der Beatles gesungen und alles versucht, was an gemeinsamem Liedgut da ist. Die zwischenmenschliche Begegnung ist etwas, was in Wales auf keinen Fall fehlen darf, und was dieses Land und seine Bewohner so wunderbar reizvoll macht.
Unter einem wieder blauen Himmel ging es am nächsten Tag zum UNESCO-Dorf und seiner Burg Harlech. Die originellen Steinhäuschen und der großartige Blick auf das Snowdon-Massiv entschädigten völlig für die wolkenverhangene Fahrt am Vortag. Ein unerwarteter Höhepunkt des Tages war der Besuch im italienisch-klassizistisch anmutenden Dorf Portmeirion mit seinen bunten Fassaden und seinen botanischen Gärten. Die in Wales lebende Vaihingerin Claudia Jones beantwortete Fragen zu ihrer Arbeit für das walisische Umweltministerium und erzählte Wissenswertes zur Geschichte des Landes. Eine Busfahrt durch den Snowdon-Nationalpark zur beeindruckenden nordwalisischen Burgstadt Conway war der letzte Höhepunkt der Reise. Abends trafen sich die Mitglieder zum Singen in einem typischen Country Pub am Ortsende von Barmouth, dem „Last Inn“. Einige Einheimische kannten die deutschen Lieder und sangen kräftig mit. Mit den Zuhörern wurde man schnell warm, auch hier war die typische Pub-Stimmung und die britische Pub-Atmosphäre noch bis spät zu genießen.
Viel zu schnell kam der letzte Tag, an dem noch zwei Wanderungen in die Berge von Nordwales auf dem Programm standen. Die eine ging steil hinauf in die Bergwelt, bis hinein in die Wolken und den dort heftig wehenden Wind. Die andere war ein Panorama-Rundweg mit Aussicht. Beide waren geführt von Harald Gaßner, der seine zweite Heimat in Barmouth hat. Beeindruckend waren der Blick zurück auf die Bergkulisse des Cader Idris und die von Sandbänken umsäumte Flussmündung des Mawddach in die Irische See.
Vor dem Rückflug nach Frankfurt erfolgte noch eine Besichtigung in Liverpool, der Stadt der Beatles. Die beeindruckenden landschaftlichen, zwischenmenschlichen und musikalischen Eindrücke der Reise hielten bei den Teilnehmern noch lange an.